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Der Lichtmagnet

Illustration eines Brillianten auf Schwarz

Eine Farbe? Keine Farbe? Wir sehen es mit unseren Augen so wie andere Farben auch und wir haben so unsere Meinung über: Schwarz!

Die einen empfinden es als abweisend und „Böse“. Für manche ist es exklusiv und edel und sie finden es „Gut“. Wieder andere tragen immer dann Schwarz, wenn sie lieber keine Farbe bekennen wollen und unanfechtbar„neutral“ auftreten wollen. Keine „Farbe“ wird kontroverser betrachtet und das erzählt mir eigentlich schon ganz viel über den Charakter von Schwarz.

Hellstes Licht aus tiefster Finsternis
Ein „Schwarzer Körper“ absorbiert auftreffende elektromagnetische Strahlung vollständig, somit auch Licht. Er lässt keine Strahlung hindurch und spiegelt oder streut nichts. Zumindest nichts Sichtbares. Darum sehen wir ihn als Schwarz und meinen da wäre kein Licht. Aber: Jeder, der ein schwarzes Auto besitzt, weiß, dass Schwarz nicht einfach das Licht schluckt und nichts damit macht. Ein „Schwarzer Körper“ emittiert bei einer Temperatur von ca. 27 °C pro Quadratmeter Oberfläche eine Strahlungsleistung von etwa 460 Watt. Bei einer Temperatur von ca. 5700 °C, wie der Sonnenoberfläche, strahlt ein „Schwarzer Körper“ wieder im sichtbaren Spektralbereich. Dann erscheint der Körper weiß leuchtend. Da dies alles auf Sonnen zutrifft, sind sie per Definition Schwarz. Daher nennen die Physiker unseren hell strahlenden und als Symbol des Lichts geltenden Himmelskörper, einen „Schwarzer Körper“.

Dass Schwarz oder Dunkelheit hellstes Licht in sich birgt treffen wir öfters an. Zum Beispiel Kohlenstoff. Das häufigste und kommunikativste (weil verbindungsfreudigste) Element können wir in zwei Haupterscheinungsformen sehen. Dem schwarzen Grafit und dem hell strahlenden Diamant. Kohlenstoff in Reinform. Lediglich die unterschiedlicher Geometrie sogt für so gegensätzliche Erscheinungsformen.

»Wir wissen, wie man aus Holz Licht macht und wie hell die Sterne sind, aber wie dunkel Material eigentlich sein kann, wissen wir noch nicht.«

Shawn-Yu Lin, Mitentwickler von „Vanta Black“

Ein Loch in der Welt
Das derzeit schwärzeste Schwarz auf der Erde, „Vanta Black“ erreicht eine Beschichtung aus Nanoröhren. Sie absorbiert 99,965 % des Lichts. Die Nanoröhren sind übrigens aus Kohlenstoff.
Als Vorbild standen Schmetterlingsflügel. Forscher in Teddington bei London entdeckten im Jahre 2002, dass das sehr dunkle Schwarz der Schmetterlingsflügel durch winzige, das Licht absorbierende Röhrchen entsteht. Um diesen Effekt technisch zu kopieren, gesellte sich Shawn-Yu Lin hinzu. Er experimentierte 2007 in seinem Labor in New York gerade mit Photonenstrahlern, als er sich dazu entschloss, bei der Jagd nach dem tiefsten Schwarz mitzumachen.

Als die Forscher die erste Fläche mit diesen Kohlenstoff-Nanoröhren vor sich hatten, hielten sie ihre Augen ganz nah an die Platte. Da hatten sie das Gefühl, in eine Schlucht zu blicken. Vor sich hatten sie eine ebene Fläche, doch sie hätte auch Hunderte Meter tief sein können. Ein Loch in der Welt. Die Lichtreflexion lag bei 0,045 Prozent, das war Weltrekord.

Umwandlung im Schutz der Dunkelheit
Schwarz zieht Licht an und wandelt es in eine andere Frequenz. Licht in Wärme. Genau diese Qualität zeigt uns Schwarz in vielen Schöpfungsmythen. Am Anfang, war Finsternis, Chaos, Dunkelheit, Schwarz. Erst dann trat das weiße Licht in Erscheinung. Erst dann konnten die Formen geboren werden. Das Licht muss dann ja irgendwo aus dem Dunkel hervorgetreten sein. Dort ist also Licht. Alles ist dort. Verborgen im Schoß der großen Mutter.

Schauen wir auf die Natur: Die Raupe zieht sich ins Dunkel des Kokons zurück, um zum Schmetterling ans Tageslicht zu schlüpfen. Der Same legt sich in die schwarze Erde, um zur starken Pflanze zu werden, die ans Licht strebt. Das Säugetier wächst im dunklen Mutterleib heran und in der schwarzen Nacht regenerieren wir uns für den neuen Tag. Schwarz ist wichtig und unerlässlich. Für mich gilt das auch für Kleidung. Schwarze Kleidung gibt vielen Menschen ein Gefühl von Sicherheit.

Musiker, Richter, Politiker, Geistliche und Manager – alle tragen vorwiegend Schwarz. Sind sie einfach Fantasielos? Oder nehmen sie in diesem Moment vielleicht ihre Person in den Hintergrund? Sie bekleiden ja ein Amt, ein Unternehmen, das Gesetz, die Musik. Nicht sich. Sie sind nur der Repräsentant. Sie werden aber auch geschützt vor neugierigen Blicken und können in diesem Kokon aus schwarzer Robe Höchstleistungen bringen.

Die schwarzen Göttinnen
Schwarz zieht Licht an. Es ist Magnetisch. Es transformiert. Das sind Attribute, die dem archetypisch Weiblichen zugeordnet werden. Im Gegensatz zur männlichen Kraft, die elektrisch, ausstrahlend und hell ist. Zeus zum Beispiel erscheint auf Erden im Körper weißer Tiere. Göttinnen sind geheimnisvoll, mysteriös, faszinierend. Alles Attribute, die man dem Schwarz zuordnet. In Indien ist besonders Kali als die Schwarze Göttin bekannt. Im Christentum gibt es die Schwarzen Madonnen.

SCHWARZ AUF WEISS
Jeden Tag habe ich vorwiegend mit Schwarz zu tun, denn ich gestalte Text und dies tue ich in Schwarz auf weißem Grund. Auch dieser Text hier ist schwarz. Wäre er blau, würde er anders wirken und Sie würden sich Gedanken darüber machen, warum ich wohl Blau gewählt habe und weniger auf den Inhalt konzentrieren. Schwarz überlässt anderen die Bühne. Schwarz ist sichtbar und nicht sichtbar. Das schätze ich an dieser „Farbe“.

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